Helvetica

Bundespräsidentin Kathy Kunz (Ursina Lardi) befindet sich auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Sie ist bereit, illegale Bomben gegen im Jemen festgehaltene Geiseln auszutauschen. Die Situation droht zu eskalieren. Tina (Flonja Kodheli), die als Reinigungskraft im Bundeshaus die Büros der Mächtigen auf Hochglanz bringt, entschliesst sich dazu, sich in das helvetische Machtzentrum einzuschleusen. Um ihre Familie zu retten...

Romain Graf, wie würden Sie die Serie «Helvetica» beschreiben?

In einem Satz zusammengefasst würde ich sagen: Es ist die Geschichte einer Putzfrau, die gegen ihren Willen zur Geheimagentin avanciert. Ich wollte zwei Genres kombinieren: den Spionagefilm und das Familiendrama. Im Vordergrund steht eine Frau, die in eine Situation gerät, die ihr über den Kopf zu wachsen droht. Putzfrau Tina muss vor ihrer Familie verheimlichen, in welches Räderwerk sie geraten ist. Mit den Machenschaften von Waffenhändlern und den Schattenseiten der politischen Macht konfrontiert, wird Tina unter Druck gesetzt und erpresst. Denn als Putzfrau hat sie im Bundeshaus Zugang zu allen Räumen…


«Es ist die Geschichte einer Putzfrau, die gegen ihren Willen zur Geheimagentin avanciert.»

Die Serie beruht auf aktuellen geopolitischen Verflechtungen… Woher nehmen Sie dieses Wissen?

Die internationale politische Krise und terroristische Bedrohungen bilden den Hintergrund von «Helvetica» – der Fokus liegt aber woanders. Ich habe mich immer zwischen Kunst und Politik bewegt. Ich habe internationale Beziehungen studiert und mich dann für den Film entschieden, um weiterzugehen und mit den Codes der Wirklichkeit zu spielen. Ich verfolge, was die Medien tun. Ich beobachte, wie sich Gesellschaften organisieren und welche Machtstrukturen vorherrschen. Das gefällt mir. Aber in diesem Kontext wollte ich aufzeigen, dass die Schweiz ein Land ist, das von widersprüchlichen Bewegungen geprägt ist.

 

Regisseur Romain Graf

An welche Widersprüche denken Sie? 

Wir bringen es fertig, zwischen kriegführenden Ländern zu vermitteln und ihnen gleichzeitig Waffen zu verkaufen. Das muss man erst einmal können! Dabei sind wir ein militärisch neutrales Land. Doch der tief verankerte Stolz auf Armee und Waffen steckt in unserer Kultur. Für den Plot von «Helvetica» hat mich die Recherchearbeit im Vorfeld dazu gebracht, über Waffen und ihre Vernichtung nachzudenken. Seit einigen Jahren engagiert sich die Schweiz in einem Programm zur Vernichtung von Waffen, das 900 Millionen kostet. Dabei werden regelmässig Streubomben per Bahn zur Entsorgung nach Norddeutschland transportiert. Ich habe mich gefragt: «Was, wenn ein korrupter Militär entscheiden würde, diese Waffentransporte umzulenken? Mit den Geschossen liesse sich ein gutes Geschäft aufbauen.» Hier treffen Politik und Narration aufeinander.

Sprechen wir von der Realisation: Was ist das Besondere einer Serie?

Entscheidend ist, wie gut der Ausgangstext ist. Wir haben zu dritt am Drehbuch geschrieben. Wenn Konflikte in einer Szene schlecht geschrieben sind, ist der Dreh reiner Zeitverlust und die Szene wird später rausgeschnitten. Wir können uns diesen Luxus nicht leisten. Beim Drehen wird nichts Grundsätzliches neu geschaffen, das ist nicht wie beim Spielfilm. Bei den Serien sind wir stärker unter Zeitdruck und die Produktionsmittel lassen sich nicht vermehren. Wenn wir schnell und gut produzieren wollen, müssen wir extrem gut vorbereitet sein.

Wie arbeiten Sie mit den Schauspielerinnen und Schauspielern?

Mir ist es wichtig, viel zu proben. Das wird bei Serien nicht immer gemacht. Beim Proben finden wir die Farbtöne und die Ankerpunkte einer Szene, die im Text vielleicht nicht erkennbar waren. Ich filme die Proben, in denen die Schauspielerinnen und Schauspieler manche Szenen improvisieren. Dann passe ich die Szene an. Die Schauspielerinnen und Schauspieler lernen den angepassten Text und beim Dreh halten wir uns dann an diese Version. Dieses Vorgehen ermöglicht es, sich das Drehbuch im Voraus zu verinnerlichen und beim Drehen leistungsstärker zu sein.

Helvetica – ein sechsteiliger Politthriller

Helvetica

  • Ausstrahlung: 7. November 2019, 21.10 Uhr auf RTS Un
  • Regie: Romain Graf
  • Drehbuch: Thomas Eggel, Romain Graf, Léo Maillard
  • Cast: Flonja Kodheli, Ursina Lardi, Roland Vouilloz
  • Produzenten: Max Karli, Pauline Gygax
  • Ko-Produzenten: Françoise Mayor, Patrick Suhner, Jacques-Henri Bronckart
  • Produktion: Rita Productions, Radio Télévision Suisse (RTS)