Medien-Barcamp 2019: Wenn das Fernsehstudio zur Denkfabrik wird

Aktuell 02.07.2019

Ad-hoc-Präsentationen statt geschliffener Vorträge, Fernsehstudios statt Sitzungszimmer: Rund 90 medieninteressierte Personen referierten und diskutierten am letzten Wochenende am Medien-Barcamp in Zürich Leutschenbach über Themen, welche die Branche zurzeit bewegen. Beim Anlass war Spontanität gefragt, denn das Programm entstand live vor Ort.

Es ist Samstag, der 29. Juni. Rund 90 Personen treffen sich am dritten Medien-Barcamp zum Wissensaustausch und Networking bei SRF in Zürich Leutschenbach: Journalistinnen und Journalisten – von der Berufseinsteigerin bis zum erfahrenen Profi – sowie Kommunikationsfachleute und weitere Medieninteressierte. Das Teilnehmerfeld ist gut durchmischt. Ebenso vielfältig ist die Themenpalette: «No-Budget»-Videoproduktionen, Auftrittskompetenz oder Podcasts für Einsteiger, um nur einige zu nennen. Hinter dem Anlass stehen SRF, tpc und die Schweizer Journalistenschule MAZ.

Eine Tagung ohne fixes Programm

Zu Beginn der Tagung steht eine leere Pinwand auf der Bühne. Nur die Zeit-Slots à 45 Minuten und die Räume sind vorgegeben. Innert weniger Minuten füllt sich die Pinwand mit farbigen Zetteln: Rund 20 Teilnehmende mit einer vorbereiteten Session und wenige Spontanentschlossene präsentieren dem Publikum ihre Ideen. Anschliessend stellt das Moderatorenduo Bettina Werren, Leiterin Inszenierung im Raum bei SRF, und Konrad Weber, Projektleiter digitale Strategie bei SRF, ad hoc das Programm zusammen. Eine herausfordernde Aufgabe: «Wir wissen im Voraus nicht, wie viele Leute eine Session vorbereitet haben oder spontan eine Idee einbringen», sagt Werren am Rande der Veranstaltung. «Das ist jeweils ein Schlüsselmoment.» 

Die Themen der 21 Sessions reichen von «Achtung, fertig, Kreativität» über «Deep Fake» bis hin zur Frage «Wie werde ich Journalist?». Besonders gross ist der Andrang beim Input «No-Budget»-Videoproduktionen von Youtuberin Nadia Holdener, ehemals SRF-Moderatorin und VJ: «Schlechter Content wird auch mit einer 10 000-fränkigen Kamera nicht besser», ist sie überzeugt. «Und umgekehrt kann man eine gute Geschichte nicht schlecht machen, auch wenn man nur minimen technischen Aufwand betreibt. Man muss nur wissen wie.» Im bis auf den letzten Platz besetzten «Rundschau»-Studio demonstriert sie dem Publikum, wie man mit einfachen Tricks einen kostenlosen Smartphone-Film produziert. 

Unkomplizierte Sessions ohne Schnickschnack

Egal ob Referat, Diskussion, Brainstorming oder Workshop im Freien – allen Sessions ist eines gemein: Im Zentrum steht der Inhalt, nicht die Form. Einige Workshop-Verantwortliche treten ohne jegliche Vorbereitung und Hilfsmittel auf. 2017 hat Werren zusammen mit Dominik Born, ehemals SRF, und Gaby Brönimann, Leiterin Ausbildung SRF, das erste öffentliche Medien-Barcamp lanciert – nach zwei internen Barcamps 2015 und 2016. Der Anlass gehört zur Eventserie «kollektive Intelligenz» wie unter anderem auch der Edit-a-thon. «Die Sessions am Barcamp sind aus meiner Sicht gehaltvoller geworden – und sie sind näher beim Thema Medien als zuvor», sagt Werren. Auch sei die Nachfrage bei den Journalistinnen und Journalisten im Haus gestiegen. «Jede und jeder, der mitmacht, ist begeistert. Die anfängliche Skepsis ist weg.»

Am Schluss der Veranstaltung ziehen die Gastgeberinnen und Gastgeber von SRF, tpc und dem MAZ ein positives Fazit: «Wenn sich medieninteressierte Leute aus verschiedenen Ecken zusammentun und sich Zeit zum Diskutieren nehmen, dann kommen oft spannendere Ansätze heraus, als wenn man sich stets in der gleichen Gruppe austauscht», hält Alexandra Stark, Ausbildnerin am MAZ, fest. Und Werren resümiert: «Ich finde den Anlass für alle drei Unternehmen wie auch für die Teilnehmenden wertvoll und bereichernd. Und indem wir in den Dialog mit dem Publikum sowie mit unseren Berufskolleginnen und -kollegen treten, werden wir nahbarer.»